U-Bahn fahren ist für Hunde Stress pur: erst mal ab in den Untergrund, und dann rein in die Menschenmenge – andere (vermutlich ebenfalls aufgeregte) Hunde zerren an der Leine, links liegt der weggeworfene Hamburger und rechts fährt mit lautem Quietschen die U-Bahn ein… und da soll man jetzt auch noch einsteigen? NO WAY! Mein Hund Radar hätte mir nen Vogel gezeigt, wenn ich ihn schon mit 6 Monaten mit dem Monstrum „Öffentliche Verkehrsmittel“ konfrontiert hätte – zugegeben, er ist ein Sensibelchen :-)
Herrschende Meinung: Welpen oder Junghund gleich an diese Situationen gewöhnen
Aber auch wir haben damals in der Hundeschule gelernt: einen Welpen oder Junghund am besten gleich an solche Situationen gewöhnen, damit er es als „normal“ akzeptiert. Und was möchten wir Zweibeiner als „normales Hundeverhalten“ in der U-Bahn akzeptieren? Dass der Kleine bitteschön Fuss an der Leine geht, niemanden belästigt, einen großen Bogen um Kinderwägen macht, sich zu unseren Füßen hinlegt und brav wartet, bis er aufstehen darf. Jetzt mal ehrlich – welcher Hund kann das schon mit 6 Monaten?
Es kann einiges schief gehen
Im Gegenteil, es kann sogar einiges schief gehen, wenn man zu früh so ein Abenteuer wagt: nicht wenige Hunde haben bei ihrem ersten U-Bahn-Kontakt derartige Panik bekommen, dass sie sich flach auf den Boden gelegt haben und keinen Schritt mehr gegangen sind, oder gleich komplett geflüchtet sind. Die Folge daraus kann sein, dass U-Bahnfahren mit Panik verknüpft wird und der Hund überhaupt nie wieder eine U-Bahn betritt.
Gute Gründe zu warten bis der Hund etwas älter ist
Es gibt gleich mehrere Gründe, weswegen man das Training mit Öffentlichen Verkehrsmitteln ruhig auch auf später verschieben kann – vielleicht sogar erst damit starten sollte, wenn der Hund 3 oder 4 Jahre alt ist. Die Bindung ist viel stärker, der Hund orientiert sich im besten Fall an Herrchen bzw. Frauchen und sieht: Frauchen ist ruhig, also besteht wohl auch für mich kein Grund zur Panik. Dazu sind Disziplinkommandos wie „Fuss“ durch eine Menschenmenge und „Platz“ an belebten Plätzen viel besser ritualisiert.
Abenteuer für den ausgewachsenen Hund
Angenehmer Nebeneffekt: ohne viel Aufwand kann man seinem Hund so ein richtiges Abenteuer bieten – es muss nicht immer der Wald sein. Eine Fahrt mit der U-Bahn ist eine sehr effektive Trainingseinheit, bei der der Hund lernt, auf sein Herrchen zu achten und viele Reize zu ignorieren; eine U-Bahn-Fahrt kann sogar sehr zur Bindung beitragen – einfach weil die Situation für den Hund unangenehm ist und Herrchen durch souveränes Verhalten Schutz bietet. Und außerdem kann man auch bei strömendem Regen U-Bahn fahren. :-)
Selbst den Hund einschätzen und dann entscheiden
Ich möchte mit diesem Artikel nicht sagen, dass frühes U-Bahn-Fahren mit Welpen oder Junghunden generell schlecht ist. Ich möchte nur dazu anregen die pauschale Meinung, dass Hunde so früh wie möglich in solche Situationen gebracht werden sollen, zu überdenken und von Hund zu Hund individuell zu entscheiden wann der beste Zeitpunkt ist. Für uns hat sich das Warten definitiv gelohnt bis unser Kleiner ausgewachsen und nicht mehr so ängstlich war. Denn jetzt liegt er auf meinem Weg zur Arbeit brav unter meinen Beinen und beobachtet gespannt aber ruhig die Umgebung.
Vorgehen zum Üben
Dieses Vorgehen hat bei mir und meinem Hund sehr gut funktioniert:
- Für die erste U-Bahn-Fahrt: genug Zeit mitnehmen, kein konkretes Ziel, keinen Termin!
- Souveränes Verhalten! Etwas zu Lesen mitnehmen, um dem Hund zu suggieren, dass er jetzt Pause hat (auch wenn man vielleicht gar nicht zum Lesen kommt)
- Von Anfang an klare Spielregeln festlegen: z.B. In der U-Bahn wird nur Fuss gegangen, es wird nichts gefressen, nicht geschnüffelt, andere Menschen und Hunde nicht begrüßt
- „Platz“ in der U-Bahn!
- Hund vor ständigen Streichlern beschützen.